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Geldforderungen in Polen durchsetzen: Recht & Praxis für deutsche Gläubiger (2025)

Überblick (Kurzfassung – Overview)

Dieser Artikel bietet eine umfassende Analyse der Zwangsvollstreckung von Geldansprüchen durch deutsche Bürger, Unternehmer und Unternehmen in Polen. Er beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, einschließlich EU-Verordnungen wie der Brüssel-Ia-Verordnung, der Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel und polnischer Vorschriften wie der Zivilprozessordnung (KPC). Der Text behandelt Verfahren, Dokumentationsanforderungen, Kosten, Risiken sowie das elektronische Mahnverfahren (EPU) und notarielle Vollstreckungstitel. Praktische Beispiele und Tipps verdeutlichen die Anwendung der Vorschriften. Eine FAQ-Sektion beantwortet häufig gestellte Fragen, während ein Abschnitt über Alternativen wie Mediation oder Ratenzahlung zusätzliche Optionen aufzeigt. Der Artikel verweist auf verlässliche Quellen wie EUR-Lex, ISAP und e-Sąd, um deutschen Gläubigern eine klare Orientierung zu bieten.

Rechtliche Grundlagen der Zwangsvollstreckung in Polen

Die Zwangsvollstreckung von Geldansprüchen durch deutsche Gläubiger in Polen basiert auf einem Zusammenspiel von europäischem und polnischem Recht. Die zentrale Rechtsgrundlage ist die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-Verordnung). Gemäß Artikel 36 ff. dieser Verordnung werden Urteile aus EU-Mitgliedstaaten in Polen automatisch anerkannt, ohne dass ein separates Anerkennungsverfahren (Exequatur) erforderlich ist. Diese Regelung erleichtert deutschen Bürgern, Unternehmern und Unternehmen die Durchsetzung von Geldansprüchen. Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 über den europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen ermöglicht eine direkte Vollstreckung ohne zusätzliche Prüfung. Für grenzüberschreitende Mahnverfahren bietet die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 über das europäische Mahnverfahren eine effiziente Alternative.

Auf polnischer Ebene regelt die Zivilprozessordnung (Kodeks postępowania cywilnego, KPC) die Einzelheiten der Zwangsvollstreckung. Artikel 1150 KPC bestätigt, dass ausländische Urteile vollstreckbar sind, wenn sie den Anforderungen von EU-Recht oder internationalen Abkommen entsprechen. Artikel 758 KPC legt die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers (komornik) fest, während Artikel 770 KPC die Kostentragung durch den Schuldner regelt, sofern die Vollstreckung erfolgreich ist. Das elektronische Mahnverfahren (Elektroniczne Postępowanie Upominawcze, EPU), geregelt durch Artikel 505²¹ ff. KPC, bietet eine schnelle Option für kleinere Forderungen bis 100.000 PLN. Notarielle Vollstreckungstitel (vollstreckbare Urkunde) aus Deutschland können ebenfalls vollstreckt werden, sofern sie die Anforderungen der Brüssel-Ia-Verordnung erfüllen.

Ein praktisches Beispiel betrifft einen deutschen Unternehmer, der ein Urteil über eine Forderung von 30.000 EUR gegen einen polnischen Geschäftspartner erwirkte. Nach Vorlage des Urteils und der Bescheinigung gemäß Artikel 53 der Brüssel-Ia-Verordnung beim polnischen Gericht wurde die Zwangsvollstreckung ohne Exequatur eingeleitet.

💡 Tipp für Gläubiger: Beauftragen Sie einen polnischen Anwalt mit Zugang zu KRS und Grundbuch, um Vermögenswerte des Schuldners effizient zu identifizieren.

Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung in Polen

Antrag auf Vollstreckung

Um ein deutsches Urteil oder einen notariellen Vollstreckungstitel in Polen vollstreckbar zu machen, muss der Gläubiger einen Antrag bei einem polnischen Bezirksgericht (sąd rejonowy) stellen, das für den Wohnsitz oder Sitz des Schuldners zuständig ist. Gemäß Artikel 39 der Brüssel-Ia-Verordnung ist kein separates Anerkennungsverfahren erforderlich. Der Antrag muss die in Artikel 42 aufgeführten Dokumente enthalten: eine beglaubigte Kopie des Urteils oder der vollstreckbaren Urkunde, die Bescheinigung gemäß Artikel 53, die die Vollstreckbarkeit bestätigt, und eine beglaubigte Übersetzung ins Polnische durch einen vereidigten Übersetzer (tłumacz przysięgły). Artikel 1151 KPC regelt die formale Prüfung des Antrags, ohne die inhaltliche Richtigkeit des Titels zu überprüfen.

Ein Beispiel ist eine deutsche GmbH, die einen Zahlungsbefehl über 50.000 EUR gegen einen polnischen Kunden erwirkte. Nach Vorlage des Titels und der Bescheinigung gemäß Verordnung (EG) Nr. 805/2004 wurde die Zwangsvollstreckung direkt eingeleitet.

🛠 Praktischer Tipp – Dokumente vorbereiten: Stellen Sie sicher, dass alle Dokumente, einschließlich der beglaubigten Übersetzung, vollständig sind, um Verzögerungen zu vermeiden. Nutzen Sie das Verzeichnis vereidigter Übersetzer des polnischen Justizministeriums (Ministerium der Justiz).

Rolle des polnischen Gerichtsvollziehers

Nach Erklärung der Vollstreckbarkeit übernimmt der Gerichtsvollzieher die Durchsetzung der Geldansprüche. Gemäß Artikel 758 KPC führt der Gerichtsvollzieher Maßnahmen wie Kontopfändung, Lohnpfändung oder Beschlagnahme von Vermögenswerten durch. Der Gläubiger muss genaue Informationen über den Schuldner bereitstellen, um die Vollstreckung zu erleichtern.

Ein Fallbeispiel betrifft einen deutschen Bürger, der eine Forderung von 15.000 EUR durchsetzte. Nach Beauftragung eines Gerichtsvollziehers wurde das Bankkonto des Schuldners gepfändet, was eine teilweise Begleichung ermöglichte.

🛠 Praktischer Tipp – Bankkonten finden: Arbeiten Sie mit einem polnischen Inkassobüro zusammen, um Bankkonten des Schuldners über das OGNIVO-System zu identifizieren.

Kosten und Risiken der Zwangsvollstreckung

Die Kosten der Zwangsvollstreckung umfassen Gerichtsgebühren, Gebühren für den Gerichtsvollzieher und Kosten für Übersetzungen. Gemäß Artikel 770 KPC trägt der Schuldner die Kosten, sofern die Vollstreckung erfolgreich ist. Gerichtsgebühren betragen 50-300 PLN, abhängig vom Streitwert. Die Gebühren des Gerichtsvollziehers, geregelt durch das Gesetz über Gerichtsvollzieher und Vollstreckung (Ustawa o komornikach sądowych i egzekucji, Dz.U. z 2018 r. poz. 771), betragen 3-15 % des eingezogenen Betrags. Übersetzungen kosten etwa 30-50 PLN pro Seite.

Ein Risiko ist die Vermögenslosigkeit des Schuldners, die die Vollstreckung erfolglos machen kann. Einsprüche gemäß Artikel 44 der Brüssel-Ia-Verordnung können Verzögerungen verursachen.

Ein Beispiel ist ein deutsches Unternehmen, das eine Forderung von 70.000 EUR durchsetzte. Ein Einspruch des Schuldners verzögerte das Verfahren um drei Monate, wurde aber abgelehnt.

🛠 Praktischer Tipp – EPU nur bei klarer Adresse: Nutzen Sie das EPU nur, wenn Sie die genaue Adresse des Schuldners kennen, da dies die Zustellung erleichtert (e-Sąd).

Besondere Regelungen für unbestrittene Forderungen

Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 über den europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen ermöglicht eine direkte Vollstreckung. Der Titel wird vom deutschen Gericht ausgestellt und kann einem polnischen Gerichtsvollzieher vorgelegt werden.

Ein Beispiel ist ein deutscher Lieferant, der Waren im Wert von 20.000 EUR lieferte. Nach Erwirkung eines europäischen Vollstreckungstitels wurde die Forderung durch Kontopfändung beglichen.

Europäisches Mahnverfahren und EPU

Das europäische Mahnverfahren gemäß Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 ist ideal für unstrittige Forderungen. Der Gläubiger beantragt einen europäischen Zahlungsbefehl, der in Polen vollstreckbar ist, sofern kein Einspruch erfolgt. Das polnische EPU, geregelt durch Artikel 505²¹ ff. KPC, ermöglicht die Beantragung eines Zahlungsbefehls über die Plattform e-Sąd.

Ein Beispiel ist ein deutscher Unternehmer, der eine Forderung von 8.000 EUR geltend machte. Der europäische Zahlungsbefehl wurde ohne Einspruch vollstreckt.

Alternative Wege zur Zwangsvollstreckung

In manchen Fällen kann ein gerichtlicher Vergleich, eine Ratenzahlung oder Mediation in Polen schneller und kostengünstiger sein als die Zwangsvollstreckung. Besonders bei begrenztem Schuldnervermögen kann eine Ratenzahlung sinnvoll sein. Mediation, geregelt durch Artikel 183¹ ff. KPC, bietet eine Möglichkeit, Konflikte außergerichtlich zu lösen, was Kosten und Zeit spart.

Ein Beispiel ist ein deutsches Unternehmen, das eine Forderung von 40.000 EUR geltend machte. Nach Verhandlungen einigte sich der Gläubiger mit dem Schuldner auf eine Ratenzahlung, was die Vollstreckungskosten vermied.

💡 Tipp für Gläubiger: Erwägen Sie eine Mediation über eine polnische Mediationsstelle, um eine kostengünstige Lösung zu finden (Polnisches Mediationszentrum).

Praktische Herausforderungen und Lösungen

Identifizierung des Schuldnervermögens

Die Identifizierung des Vermögens des Schuldners ist oft eine Herausforderung. Polnische Anwälte oder Inkassobüros mit Zugang zu Registern wie dem Krajowy Rejestr Sądowy (KRS) oder dem Grundbuch können helfen.

Ein Beispiel ist ein deutsches Unternehmen, das eine Forderung von 90.000 EUR durchsetzte. Ein polnischer Anwalt identifizierte Immobilien des Schuldners, was eine Versteigerung ermöglichte.

Sprachliche und kulturelle Barrieren

Sprachliche Unterschiede können die Kommunikation erschweren. Ein vereidigter Übersetzer und ein polnischer Anwalt sind unerlässlich.

Ein Fallbeispiel betrifft einen deutschen Bürger, der eine Forderung von 6.000 EUR durchsetzte. Nach Korrektur fehlerhafter Übersetzungen konnte die Vollstreckung eingeleitet werden.

Steuerliche Aspekte der Zwangsvollstreckung

Versteigerungen unterliegen gemäß dem Gesetz über die Steuer auf zivilrechtliche Handlungen (Ustawa o podatku od czynności cywilnoprawnych, Dz.U. z 2023 r. poz. 170) einer Steuer von 1 %, die in der Regel der Schuldner trägt.

Ein Beispiel ist ein deutsches Unternehmen, das eine Forderung von 100.000 EUR durchsetzte. Die Steuer von 1.000 PLN wurde dem Schuldner auferlegt.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kann ich ein deutsches notarielles Schuldanerkenntnis in Polen vollstrecken?

Ja, ein notarieller Vollstreckungstitel (vollstreckbare Urkunde) aus Deutschland kann in Polen vollstreckt werden, sofern er die Anforderungen der Brüssel-Ia-Verordnung erfüllt und mit einer Bescheinigung gemäß Artikel 53 vorgelegt wird. Eine beglaubigte Übersetzung ins Polnische ist erforderlich.

Welche Dokumente brauche ich für die Zwangsvollstreckung in Polen?

Sie benötigen eine beglaubigte Kopie des Urteils oder der vollstreckbaren Urkunde, die Bescheinigung gemäß Artikel 53 der Brüssel-Ia-Verordnung und eine beglaubigte Übersetzung ins Polnische. Zusätzliche Informationen über das Vermögen des Schuldners erhöhen die Erfolgschancen.

Wie lange dauert eine Vollstreckung in Polen typischerweise?

Die Dauer hängt von der Komplexität des Falls ab, beträgt aber in der Regel 2-6 Monate. Verzögerungen können durch Einsprüche oder Schwierigkeiten bei der Vermögensidentifizierung entstehen.

Wer trägt die Kosten der Vollstreckung – Gläubiger oder Schuldner?

Gemäß Artikel 770 KPC trägt der Schuldner die Kosten, sofern die Vollstreckung erfolgreich ist. Bei erfolgloser Vollstreckung trägt der Gläubiger die Kosten, z.B. Gerichts- und Vollziehergebühren.

Fazit und praktische Hinweise

Die Zwangsvollstreckung von Geldansprüchen in Polen ist dank EU-Rechtsinstrumenten wie der Brüssel-Ia-Verordnung, dem europäischen Vollstreckungstitel und dem Mahnverfahren effizient möglich. Notarielle Vollstreckungstitel und das polnische EPU bieten weitere Optionen. Deutsche Gläubiger sollten die Dokumentation sorgfältig vorbereiten und polnische Fachleute beauftragen. Alternativen wie Mediation oder Ratenzahlung können Kosten sparen. Risiken wie Vermögenslosigkeit erfordern strategische Planung.


Sollten Sie Fragen bezüglich der Zwabgsfollstreckung in Polen haben können Sie uns unter der E-Mail kontakt@kancelaria-pozniak.pl oder unter der Telefonnummer +48 665 246 969 erreichen.